Aufsatz | Mit Platon und Aristoteles zum Unterschied von Sein und Werden

Der Beitrag von Sergiusz Kazmierski möchte auf die Bedeutung des Unterschiedes von Sein und Werden für den sich bei Platon und Aristoteles ergebenden Zusammenhang von Naturbetrachtung auf der einen Seite sowie Ethik, Ökonomie und Politik auf der anderen Seite aufmerksam machen. Im Zentrum steht die Passage 27D 5–28A 1 aus dem platonischen Dialog Timaios, anhand derer dieser Unter-schied in seiner Bedeutung einerseits für die aristotelische Fassung des Menschen als eines zôon politikón und zôon lógon échon, andererseits für den aristotelischen Begriff der entelécheia/enérgeia angezeigt wird. Der Geist dieser platonisch-aristotelischen Unter-scheidung erweist sich dabei zum einen als von der Naturphilosophie eines Philistion von Lokroi inspiriert, zum anderen als von der athenischen Welt- und Selbstsicht getragen, wie sie sich in der thukydideischen Gefallenenrede des Perikles zwar andeutet, deren unvollendete Form aber schon der platonische Menexenos kritisiert.

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Ausschnitt aus Raffaels Schule von Athen (Vatikan, 1510/11)

Kazmierski – Sein und Werden

Video Kazmierski – Unterwegs zur Wahrheit. Sein und Schein bei Parmenides

Essay ⎥ The unwritten presuppositions of constitutional law

Antonio Merlino‘s paper “The unwritten presuppositions of constitutional law and constitutional interpretation” deals with two controversial concepts in juridical science and jus-philosophical reflection: constitutional law and its interpretation. Both are in fact the object of a plurality of different and conflicting juridical theories and doctrines and assume different and contrasting conceptions of law. Notwithstanding this plurality of views, “constitutional law” is inextricably linked to its interpretation, since the application of a legal system requires its interpretation. Furthermore, the mentioned concepts are intimately connected with the theory of the separation of powers and, finally, with the concept of sovereignty itself. In this paper, it will be argued that constitutionalism cannot be deprived of a dialectical interpretative method.

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Pablo Picasso, Don Quixote (1955)

Merlino – Unwritten presuppositions

Aufsatz ⎪ Dantes Hypsipyle

John Butchers Aufsatz “untersucht das Hypsipyle-Gleichnis von Purg. XXVI mit besonderer Rücksicht auf Ovids Heroides-Episteln und auf Statiusʼ Thebais”. Die betreffenden Verse aus dem sechsundzwanzigsten Gesang des Purgatorio lauten:

Quali ne la tristizia di Ligurgo

si fer due figli a riveder la madre,

tal mi fec’io, ma non a tanto insurgo,

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Johann Christian Reinhart, Landschaft mit Hypsipyle und Opheltes (1816)

Butcher – Hypsipyle

 

Review ⎪ Martin Heidegger and the Truth About the “Black Notebooks”

In this article, Frank Schalow reviews the English translation of Friedrich-Wilhelm von Herrmann’s and Francesco Alfieri’s book “Martin Heidegger and the Truth About the ‘Black Notebooks’”. The translation by Bernhard Radloff, who also wrote a Foreword and an Afterword, was published in the Springer series Analecta Husserliana in 2021.

“With Bernhard Radloff’s meticulous and nuanced translation of this book, an English-speaking audience will now have access to von Herrmann’s and Alfieri’s detailed arguments, as well as the hermeneutic backdrop that sheds light on the origin of the Black Notebooks.  For the first time, a wider audience will have the opportunity to uncover a new perspective on these texts, which has been masked in most circles of Anglo-American scholarship” (from Schalow’s review).

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Schalow – Review

Aufsatz ⎪ Dichterische Lebensbeschreibung und Lebensphilosophie

In seinem Aufsatz “Das Prinzip der Lebensbeschreibung in der japanischen Dichtung. Ein kleiner Beitrag zur Möglichkeit der Dichtung” bringt Masatoshi Sasaki die japanische Dichtung ins Gespräch mit Diltheys Lebensphilosophie. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem japanischen Tanka-Dichter Mokichi Saito. Sasaki geht der Vermutung nach, dass dieser “seine Aufmerksamkeit auf die Gemeinsamkeit oder Verwandtschaft zwischen seiner Einstellung der Lebensbeschreibung und der Einstellung der Lebensphilosophie von Dilthey und Simmel in Europa richtete und den lebensphilosophischen Gedanken für seine Theorie der Lebensbeschreibung verwendete.”

Erwähnung finden in dem Aufsatz auch die Gedanken des Philosophen Kitaro Nishida sowie die poetologischen Reflexionen der Dichter Bunmei Tsuchiya und Yoshimi Kondo.

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Vincent van Gogh, Selbstporträt (1889)

Sasaki – Lebensbeschreibung

 

Aufsatz ⎪ Utopie der Wahrheit

Unter dem Titel “Utopie der Wahrheit. Denken und Dichten” versucht Ralf Lüfter in drei Anläufen eine Ausführung des Themas “Nichts als die Wahrheit. Sein und Schein in Philosophie, Literatur und Kunst” (Ringvorlesung des Zentrums für Klassikstudien der Universität Regensburg, Wintersemester 2021/22). Dabei wird der Frage nachgegangen, ob Wahrheit in dem Sinne utopisch gennant werden kann, dass sie nicht schon de facto irgendwo vorhanden ist und also nur entdeckt zu werden braucht, sondern dass sie — um in dem bewahrt zu bleiben, was sie ist — der Gründung im Denken und in anderer Weise der Stiftung im Dichten bedarf. Das Statt-haben der Wahrheit wird dabei als ein von der Wahrheit selbst gebrauchter Bezug des Menschen zu ihr verstanden.

Hier geht es zum Video der Vorlesung.

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Alberto Giacometti, L’homme au doigt (1947)

Lüfter – Utopie der Wahrheit

 

Traduzione ⎪ Tempo dell’ordine – tempo dell’immenso

In questo breve testo tratto dal Parmenides, Heidegger delucida la fatale scissura che vige tra il tempo assunto sotto la potenza del numero (la “nostra” odierna temporalità) e il tempo lasciato al suo gioco d’immensità: il format del tempo versus l’indole ‘tempo’.

La delucidazione permette di scorgere la Offenheit nel fulcro della Entbergung.

Da tempo, il comune meditare attende che tale scorgimento sia accolto.

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Claude Lorrain, Paysage avec Énée à Délos (1672)

Heidegger – Parmenides

 

Essay ⎪ Pasolini and the “Power of Consumption”

Maurizio Borghi‘s essay presents a reading of Pier Paolo Pasolini’s critical writings as a diagnosis of present times, characterised by the unconditional dominance of the ‘Power of consumption’: “Pasolini’s thought is a primary and still largely unexplored resource for the elaboration of a new mode of thinking economics. His writings represent a unique opportunity to ponder the unthought of in today’s economics and, perhaps, to sow the seeds for a new understanding of human dwelling in the era of total industrialization.” The essay reconstructs Pasolini’s compelling diagnosis and attempts to identify the tone that, in his work, prefigures the overcoming of the logic of “Power of consumption” in the element of poetry.

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Filippo De Pisis, Hommage à Morandi (1937)

Borghi – Pasolini

Aufsatz ⎪ Kunst, Ethik und Wahrheit

Der Aufsatz “Zum Zusammenhang von Kunst, Ethik und Wahrheit” von Ivo De Gennaro weist auf dem Wege der Erläuterung von Zeugnissen künstlerischer Besinnung in ein Verständnis der Kunst als ethisches Grundwissen, des Kunstschaffens als Urhandlung des Menschen.

Zu den zentralen Texten, die dabei Beachtung finden, gehören ein Aufsatz und eine längere Stellungnahme des Malers Barnett Newman aus den Jahren 1947 bzw. 1952, die einer 1990 (und 1996 in deutscher Übersetzung) veröffentlichten Auswahl von Schriften und Interviews entnommen sind.

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Barnett Newman, Shimmer bright (1968)

De Gennaro – Kunst, Ethik, Wahrheit

 

Notiz ⎪ Über den Tourismus

In dem hier veröffentlichten Aperçu geht Jürgen Gedinat dem subjektivistischen und, letztlich, nihilistischen Wesen des Tourismus nach.

“Der Tourismus kennt kein Gegenüber und hat sich dessen, dem er ‚begegnet‘, schon vor der ‚Begegnung‘ bemächtigt, indem er das, was ‚Begegnung‘ heißt, von sich aus für sich innerhalb seiner persönlichen Weltvorstellung als eine Angelegenheit seines Ich al­lein festgelegt hat.”

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Bernhard Heiliger, Kleiner Fährmann, zweite Fassung (ca. 1956-59)

Gedinat – Tourismus